Zivilprozessuale Klagebefugnis des Verwalters (Art. 712t CC) – Um einen Zivilprozess im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft zu führen, muss der Verwalter ausserhalb des summarischen Verfahrens zuvor von der Wohnungseigentümerversammlung ermächtigt werden, vorbehaltlich dringender Fälle, in denen die Ermächtigung nachträglich eingeholt werden kann. Die Genehmigung muss Gegenstand eines Beschlusses der Versammlung der Wohnungseigentümer sein. Wenn der Verwalter nicht nachweist, dass eine vorherige Genehmigung vorliegt, oder wenn er unter Zeitdruck gehandelt hat, setzt das Gericht ihm eine Frist, innerhalb derer er seine Berechtigung zum Handeln nachweisen muss. Wenn die Eigentümerversammlung ihn innerhalb der gesetzten Nachfrist ermächtigt, genehmigt sie die ursprünglich ohne Vollmacht vorgenommenen Verfahrenshandlungen und heilt den Mangel mit Wirkung ex tunc. Die Ermächtigung ist eine Zulässigkeitsvoraussetzung, die das Gericht von Amts wegen prüfen muss (E. 4.1.2).
Verteilung der gemeinsamen Kosten und Lasten (Art. 712h ZGB) – Wiederholung der Grundsätze. Art. 712h Abs. 3 ZGB ist eine Schutzbestimmung, die zur Anwendung kommt, wenn die wertanteilige Verteilung bestimmter gemeinsamer Kosten oder Lasten unbillig erscheint. Sie ist zwingender Natur (E. 5.1.1). Die Verankerung der Verteilung der gemeinsamen Kosten und Lasten nach dem Wert der Quoten im Reglement verpflichtet die Stockwerkeigentümergemeinschaft nicht, das Reglement zu ändern, um von diesem Verteilungsschlüssel abzuweichen (E. 5.1.2.2). Dies kann durch einen einfachen Beschluss der Versammlung der Stockwerkeigentümer geschehen. Eine einfache Mehrheit ist ausreichend, wenn das Reglement nichts über die Verteilung aussagt, während die für eine Reglementsänderung erforderliche Mehrheit erforderlich ist, wenn die beschlossene Verteilung von der im Reglement vorgesehenen abweicht (E. 5.1.2.3).
Im vorliegenden Fall hat die Eigentümerversammlung eines teilweise bebauten Stockwerkeigentums nach Plan die Eigentümer der nicht bebauten Stockwerkanteile von den gemeinsamen Kosten und Lasten befreit. Für das BGer kann dies keine Ungleichbehandlung darstellen (E. 5.1.3.2).
Stockwerkeigentum nach Plan (Art. 69 GBV) – Wiederholung der Grundsätze (E. 5.1.3.4). Auch der Eigentümer einer (noch) nicht erstellten Stockwerkeinheit hat das unantastbare und unveräusserliche Recht, an der Versammlung der Stockwerkeigentümer teilzunehmen und an deren Entscheidungen mitzuwirken (E. 5.1.3.5). Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass das gesamte Gebäude - also auch die gemeinschaftlichen Teile - für die Eigentümer der nicht realisierten Einheiten objektiv und definitiv unbrauchbar ist. Es besteht somit ein objektiver Grund für die Kostenbefreiung (E. 5.1.3.6). Hinsichtlich der Abweichung von der proportionalen Quotenverteilung ist einzig die Konstellation bedenklich, bei der (ausschliesslich) privilegierte Stockwerkeigentümer gleichzeitig eine Machtposition innehaben, die sie zum Nachteil der übrigen Eigentümer missbrauchen könnten, was hier nicht gegeben ist (E. 5.1.3.8).
Anfechtungsklage gegen Versammlungsbeschlüsse – Die Anfechtungsklage ist grundsätzlich kassatorischer Natur. Dies bedeutet, dass der Stockwerkeigentümergemeinschaft im Rahmen des Urteils keine Verpflichtungen oder Handlungen auferlegt werden können. Eine Anfechtungsklage, die auf die teilweise Aufhebung des Beschlusses abzielt, ist grundsätzlich zulässig, setzt aber nach der Lehre voraus, dass der Beschluss materiell teilbar ist (E. 5.3.1.1).
Bauarbeiten an gemeinschaftlichen Teilen – Die Durchführung solcher Arbeiten erfordert, dass ein Beschluss (der sog. Ausgabenbeschluss) nicht nur über die Durchführung der betreffenden Massnahmen als solche, sondern auch über die dadurch verursachten Kosten gefasst wurde (E. 5.3.2.4). Zwar erlaubt das Gesetz der Versammlung der Stockwerkeigentümer, die Schaffung eines Renovationsfonds für Unterhalts- und Renovationsarbeiten zu beschliessen (Art. 712m Abs. 1 Ziff. 5 ZGB), gibt es keinen Grund, weshalb sie nicht über eine Einlage für noch zu konkretisierende Sanierungsmassnahmen entscheiden kann ; die Rüge, es sei nicht möglich, einen Stockwerkeigentümer zu zwingen, seinen Beitrag für noch unbestimmte Arbeiten zu leisten, wird daher zurückgewiesen, da die Notwendigkeit der Sanierung im vorliegenden Fall nicht bestritten wird (E. 5.3.3).
Frist für die Einberufung der Generalversammlung – Eine Einberufungsfrist, die nicht der im Reglement vorgesehenen Frist entspricht, macht die während der Versammlung gefassten Beschlüsse nicht automatisch ungültig, insbesondere wenn der Stockwerkeigentümer, der sich darauf beruft, an der Versammlung teilgenommen hat und nicht erklärt, inwiefern ihm diese Unregelmässigkeit einen Schaden zugefügt haben soll. Eine Annullierung kann nur dann erfolgreich sein, wenn die Verletzung des Reglements eine kausale Wirkung auf die Beschlussbildung hatte oder hätte haben können (E. 5.4.1.6).
Protokoll der Eigentümerversammlung – Es müssen die im genehmigten Protokoll festgehaltenen Beschlüsse selbst angefochten werden, was in diesem Fall auch geschah. Zusätzlich die Genehmigung des Protokolls anzufechten, ist weder notwendig noch relevant, wenn es darum geht, den materiellen Inhalt der Beschlüsse in Frage zu stellen. Nur wenn die Protokollierung der Beschlüsse nicht korrekt erfolgt ist, ist es gerechtfertigt, eine Berichtigung zu verlangen (E. 5.4.2.3).
Verjährung von Beiträgen – Im vorliegenden Fall lässt das BGer offen, welche Verjährungsfrist für Beiträge von Stockwerkeigentümern gilt (5 oder 10 Jahre gemäss 128 Ziff. 1 oder 127 OR). Wird die Verjährung durch eine Klage unterbrochen, beginnt sie erneut zu laufen, wenn der Rechtsstreit abgeschlossen ist, d.h. wenn die Rechtsmittel ausgeschöpft sind. Im vorliegenden Fall wurde die Frist vor Eintritt der Verjährung unterbrochen und hat somit noch nicht wieder zu laufen begonnen (E. 6.3.3.2).
Einrede der Nichterfüllung (Art. 82 OR) – Ein Stockwerkeigentümer kann sich im Zusammenhang mit unbezahlten Beitragsforderungen mangels Austauschverhältnis nicht auf Art. 82 OR berufen (E. 6.3.4.2).
Gemeinschaftspfandrecht (Art. 712i ZGB) – Wiederholung der Grundsätze (E. 6.1). Das Pfandrecht soll die von den Stockwerkeigentümern geschuldeten Beiträge für die letzten drei Jahre sichern. Nach einer vorwiegend teleologischen Auslegung des Gesetzes (E. 6.1.2.10) hält das BGer fest, dass die vom Gesetz vorgesehene Dreijahresfrist rückwirkend ab der Einreichung des Gesuchs um Eintragung des Gemeinschaftspfandrechts zu berechnen ist. Für eine Beitragsforderung, die am 30. September 2020 fällig wurde, während das Geschäftsjahr vom 1. Juli 2020 bis zum 30. Juni 2021 dauerte, müsste das Gesuch um Eintragung des Gemeinschaftspfandrechts spätestens am 30. September 2023 eingereicht werden, d.h. drei Jahre nach Fälligkeit der Beitragsforderung.